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Sep. 26th, 2020 05:13 am


Dieses Journal ist größtenteils Friends Only. Wenn Du mitlesen möchtest, sprich mich darauf an.
Alte Einladungen gelten noch; wenn Du bereits das rauschen mitverfolgt hast, schmeiße mich einfach auf Deine Leseliste, so daß ich Dich hereinlassen kann.

This journal is mostly friends only. If you would like to read my entries, just talk to me, and I might add you. Right now this journal is mostly in German.
ich finde es wirklich ein bißchen schwierig, ohne lösungswege, ohne funktionierenden modus operandi klarzukommen. da weiß ich nicht, welches die vernünftigen verhaltensweisen sind. also, die gesunden.

was ist eine gesunde verhaltensweise? ich weiß nicht, eine, bei der möglichst wenige leute möglichst wenig zu schaden kommen? oder die, bei der die menschen um mich dann ein positives bild von mir haben, und mich als jemanden sehen, der nicht rumzickt, sondern immer nachvollziehbar und rücksichtsvoll bleibt.

oh. wenn es das ist, was ich unter gesunder verhaltensweise verstehe, dann ist es kein wunder, daß ich nicht mehr wahrnehmen kann, welcher weg einem solchen verhalten entspricht in einer gegebenen situation. das ganze konstrukt "gesunde verhaltensweise" gehört zu dem set von handlungsmustern, die mit mir nicht mehr kombinierbar sind.
schon komisch, daß man sich so verändern kann, daß lösungen, die einmal wunderbar funktioniert haben, einfach nicht mehr greifen. und von außen dürfte außer einer erkennbaren destabilisierung gar nicht so viel veränderung sichtbar sein.

da denke ich nun, daß ich auf nem guten weg bin, weil ich mich nicht mehr zurückhalten und mich in den mittelpunkt meines lebens stellen will. und dabei stehe ich so vor der mitte, ich strecke einen zeh vorsichtig hinein, schrecke vor der hitze zurück und geh erstmal wieder nach hinten, die brandblasen kühlen.
und wer die an sich ganz von bedeutungen unbelastete mitte so mit hitze auflädt, das bin ich offensichtlich selbst, ganz allein.

den gefühlen ungeblockt folgen, heißt das, ich muß jetzt all das haben, womit ich bisher wenig probleme hatte? muß ich eifersüchtig sein, und muß ich mich entscheiden, entweder gar nichts von jemandem zu wollen oder tatsächlich forderungen zu stellen, weil ich einfach nicht damit klarkomme, mich so alleingelassen zu fühlen?

und dabei ist das womöglich wieder nur so ein winziges deutungsproblem, oder sogar nur eine meiner überreaktionen: jemand meldet sich nicht bei mir, nachdem ich subtil in seine richtung geschielt habe. und ich schließe daraus, daß ich klein bin und wertlos und irrelevant, und er überhaupt gar nichts von mir hören will, denn sonst würde er ja --
das hätte ich vor einiger zeit noch sofort klassifizieren können als emotionale überreaktion, die aus meinen ängsten entsteht und mit der person gar nichts zu tun hat. und jetzt bin ich einfach überwältigt, immer und immer wieder aufs neue, und ich denke, ob ich nicht einfach gar nicht mehr in die stille schreien sollte, mich völlig zurückziehen sollte, weil mir einfach keine adäquate reaktion auf diesen sturm einfällt. keine gesunde reaktion halt. nur schreien, oder die luft anhalten. nichts dazwischen.

Plotbunny

Jul. 19th, 2010 12:54 am
courtesy of The Crazy W. & Wyrdnis Collaboration.

Herzog Roger findet sich mit einem Mal in einer komischen modernen Welt, wo Züge in Tunneln altern und er ein Polizeibeamter sein soll. (Wolfgang Hohlbeins "Das Druidentor"). Genervt muß er sich mit einem gut vernetzten Dr Franke herumschlagen, der ihn allen Ernstes zu manipulieren sucht. (!)
Und dann soll er mit so einem Säufer und dessen Freundin zusammenarbeiten, um die Welt zu retten.
Ha.
Seiner eigenen Magie beraubt versucht der schlaue Roger, mittels der Druidentormagie diese dämliche neue Welt zu erobern.

Währenddessen in Corus, Hauptstadt von Tortall. Herzog Rogler sitzt in seinen Gemächern vor einer Runde junger Knappen, die er in Magie unterrichten soll.
Moment. Wer?
Rogler ist verwirrt, aber da er ein organisierter und selbstbeherrschter Mensch ist, meistert er eloquent den Übergang in eine Fantasywelt und das Erwerben von Zauberkräften, an die er bis eben noch nicht geglaubt hat. Sogleich macht er sich daran, Ungerechtigkeiten wie Kriminalfällen im Palast auf den Grund zu gehen.
Alanna benötigt einiges an Zeit und ein paar Mißverständnisse, bis sie begriffen hat, daß Herzog Rogler auf ihrer Seite steht.
Doch wo ist der alte Herzog??
Welchen Schaden richtet er im Geheimen an, und ist dies alles nur sein fieser Plan???

Alanna, ihre Freunde und der Kommissar auf Fantasyurlaub machen sich auf den Weg, ihren gemeinsamen Antagonisten dingfest zu machen.

TBC
by:

YOU THERE!

Charakter!

Jul. 18th, 2010 11:03 pm
[personal profile] sevilemar  hat gesagt, ich soll heute noch einen Post schreiben. Also gut.

Ich probiere immernoch, einen LARP-Charakter zu erschaffen. Nachdem [personal profile] khana und ich das Welt-Problem gelöst haben (wir beschlossen, einfach aus Tortall oder Umgegend zu kommen... :)), müßte es nun eigentlich einfach sein. Allerdings habe ich schon so viel Zeit in meinem Leben vor "Fragen zum Charakterhintergrund", "Rollenbiographie" und Ähnlichem verbracht, daß ich so langsam keine Energie mehr dafür habe.
Vor allem aber fiel mir gerade auf, daß so gut wie alle Fantasy-Charaktere, die ich bisher erschaffen habe (das sind ne Menge) alle relativ jung waren. Mir macht es Spaß, junge Charaktere zu spielen. Mein Orientierungsbild für jene Charaktere, mit denen ich mich besonders identifiziere, ist immernoch Ronja Räubertochter. Der Blick, den ich beim LARP gern annehmen möchte, ist kein erwachsener, abgeklärter. Es ist ein Kinderblick, der in allem ein Abenteuer sehen kann.
Welcher dreißigjährige Charakter aus einer Mittelalter-Fantasy-Welt hat solche Augen?
Ich würde denken, diese Dreißigjährige aus Scanra, die hat schon Einiges hinter sich. Geheiratet hat sie vielleicht, Kinder bekommen, eine Ausbildung gemacht. Einen kleineren Krieg zumindest aus der Ferne mitbekommen. Etabliert lebt sie in ihrem Dorf und versorgt die Familie.
Oder sie ist früh von zuhause weggegangen, aus dramatischen oder ganz banalen Gründen (Familie tot vs. keine Lust mehr aufs Kaff). Hat sich einer Söldnertruppe angeschlossen. Oder ein paar Gauklern. Oder einer Räuberbande.
Jedenfalls, so oder so, sie hat Dinge gelernt, praktische Kompetenzen en masse angesammelt.
Problem ist, ich spiele diesen Charakter, live. Ohne daß ich über irgendeine dieser Kompetenzen verfügen würde. Womit wir wieder bei dem Vorteil von jungen Charakteren sind, die nämlich alles noch lernen können.

Also, hm.
Vielleicht mache ich sie so mittelmäßig jung, und dann gebe ich ihr eine 08/15 Vergangenheit, die irgendwann durchbrochen wurde?
Oder wie macht ihr das, beim Geschichten schreiben oder sonstigen kreativen Versuchen?
Was würde euch für ein Charakterhintergrund einfallen?

[Unveränderliche Basics: 1,65 groß, schlank, nicht sooo stark, mindestens - hm, wie alt seh ich mindestens aus, 24?, trägt ein Schwert mit sich rum. Sonst war's das, ich weiß nichtmal, ob sie eine ehrliche oder ne kriminelle Karriere einschlagen soll. Auf allzu dramatische Vergangenheit kann ich im Übrigen verzichten, aber ein bißchen was kann schon gewesen sein.]
eine gruppe von frauen in meiner stadt, die ganz wild drauf sind, und
auf die anforderungen scheißen, die man aus der luft pflücken kann.

vielleicht sollte ich eine annonce aufgeben?

schaut mal, was Luisa vorgestern geschrieben hat. das bringt es mal wieder genau auf den punkt. :)
wyrdnis: (cat on the moon)
Gestern hatte ich einen enorm spannenden Online-Abend. Normalerweise habe ich abseits des Fandoms und mal dem einen oder anderen Forum ausnahmnsweise nicht viel Kontakt zu Leuten online. Wenn jemand mich anchattet oder ein Unbekannter mir eine Nachricht schreibt, dann antworte ich meistens nicht. Was auch daran liegt, daß es sowieso meistens heterosexuelle Männer sind, und es interessiert mich eher, Frauen kennenzulernen oder generell Leute, die es auf mich nicht aufgrund dessen abgesehen haben, daß ich zufällig zur einzigen demographischen Gruppe gehöre, die sie sexuell begehren.

Irgendwo hab ich dieses Vorurteil, daß die meisten Kerle die mir online schreiben (vor allem wenn es auf einem Dating-Portal wie okcupid.com ist), an mir als Person null Interesse haben, sondern nur mal rausfinden wollen, ob ich vielleicht fuckable bin.
Und gestern hab ich das Vorurteil gleich bestätigt und widerlegt bekommen, oder es war ein Fall von "Ausnahmen bestätigen die Regel".

Ein Kerl schrieb mich im Facebook an und fragte mich, ob ich Polyamory praktiziere. Bei mir schellten schon die Alarmglocken, aber ich will mich ja meinen Vorurteilen nicht ergeben und schrieb "ja, warum fragst du?" (Also, auf Englisch, und seins schien mir entweder nicht so gut zu sein oder er gab sich keine Mühe, vermute letzteres.) Er erklärte, er wolle über Polyamory lernen und "erfahren", wo bei dem Wort erfahren natürlich auch wieder in meinem Kopf ne Menge roter Lichter blinkten. Nunja, wir schrieben ein bißchen hin und her, da ich gerade in offener Stimmung war und ich mit einer Freundin im Chat teilen konnte was gerade so abging. Irgendwie antwortete der Kerl mir immer nur mit einem Satz und Fragen. Was ihn genau an Polyamory interessiert und wie er drauf gekommen ist, wollte er mir offenbar nicht so recht erklären. Wahrscheinlich, weil er auch sowieso keine Ahnung hatte, wovon er überhaupt redete.

Es ist nämlich so, wenn irgendwo - nein, präziser, auf einer offenbar weiblichen Person - Polyamory draufsteht, dann sehen die Kerle nicht Polyamory. Sondern sie sehen: Boah eh die hat kein Freund (der auf sie aufpaßt)und will aber mit vielen! Is die so notgeil will die garantiert auch mit mir!
ZONK.
Nein, will ich nicht. Du bist unaufmerksam, unattraktiv und beleidigst mich, indem Du Annahmen über mich aufgrund eines kleinen Details anstellst, das ich über mich preisgegeben habe. Und von dem Du nicht die leiseste Ahnung hast. Findest Du das jetzt erotisch oder was?
Was sagt der Fakt, daß ich eine Freundin und einen Freund habe, darüber aus, ob ich mit Person xy, die ich nicht kenne, ins Bett gehen will? Richtig: zero.
Ich schrieb ihm höflich zurück:

if I understand you right, then you've just confimed all my prejudices against heterosexual men who message women on the internet.
look, polyamorous is not the same as available. if you want to find a partner you shouldn't write to poly people and imply they want to date you because they're poly. they will just feel affronted.
good luck with your search and goodbye.


Daß sich solche Vorurteile auch immer bestätigen müssen, dachte ich.

Später irgendwann loggte ich mich seit Monaten das erste Mal wieder bei okcupid ein, wo ich überhaupt einen Account habe, weil man dort so schöne Tests machen und Matching Questions beantworten kann. Ich glaube auch, daß man dort mittlerweile sehr gut Leute kennenlernen kann, da das Matching-System gut funktioniert und viele verschiedene spannende Menschen dort angemeldet sind. Allerdings, wie schon gesagt, kontaktiere ich nicht oft Leute online und nutze diesen Vorteil also kaum aus.
Dieses Mal jedoch wollte ich eine Nachricht beantworten, die mir ein ziemlich interessanter Mensch im Juli geschrieben hatte und die zu beantworten ich vor mir hergeschoben hatte, warum auch immer, weil ich das halt so mache. Ich beantwortete die Message. (Er hat mir heute schon ganz freundlich zurückgschrieben.)
Dann gurkte ich noch ein bißchen dort rum und las verliebt im Profil meiner Freundin.
Schließlich klickte ich versuchsweise auf meine "Quiver-Matches" - das sind Leute, die eine hohe Übereinstimmung mit einem haben, und von denen man immer wieder drei von okcupid geschickt bekommt. Zwei davon (heterosexuelle Männer natürlich) hatten ein ganz interessantes Profil, aber ich hätte ihnen bestimmt nicht allein deshalb geschrieben. Der eine war aber gerade online, sah, daß ich ihn besuchte und besuchte mich. Dann schrieb er mich im Chat an und fragte, warum das Rechendingens uns wohl 93% Übereinstimmung bescheinigt. Ich fand, er war nett, und ich fühlte mich gerade kommunikativ, also antwortete ich.
Ein oder zwei Stunden später verabschiedete ich mich zwecks Schlafengehen (da war es halb fünf). Ich starrte meinen Bildschirm an und murmelte "what the fuck?" (Ja, ich führe Selbstgespräche auf englisch.) Weil sich das Gespräch so angenehm und bereichernd angefühlt hat, daß ich mich tatsächlich schon auf das nächste Mal freute. Vielleicht erinnert ihr euch, was ich über den Entspannungsfaktor von Gesprächen mit Leuten schrieb, denen man die Basics nicht erst erklären muß. Ja, genau so. Ich nehme an, dafür sind diese Match-Dinger da, um die Basics zu erledigen.

Am Telefon unterhielt ich mich mit W darüber, wie seltsam mir das vorkommt, daß irgendwelche einsamen Männer, die ne Frau suchen, einfach nach dem Zufallsprinzip irgendwen anschreiben, ohne auch nur im Mindesten darauf zu achten, was für eine Person es ist. Ich stelle mir vor, wenn ich allein in einem fremden Land säße, wo ich nur arbeite und die Sprache nicht kann (was bei meinem ersten Gesprächspartner der Fall war), dann würde ich auch versuchen, Leute online kennenzulernen. Aber ist das denn erfolgverprechend, dieses blind mit dem Finger auf einen Zufallspunkt tippen und mit dem in Kontakt treten? Kann mir nicht vorstellen, daß das oft funktioniert, oder überhaupt.
Vermutlich spreche ich von einer in diesem Belangen privilegierten Position, wenn ich sage, wäre es nicht sinnvoller, Leute anzuschreiben, die auch tatsächlich etwas mit mir gemeinsam haben? An meinen Beispielen würde sich das bestätigen. Doch wenn man verzweifelt genug ist, und ein Heteromann, für den es ohnehin viel schwerer als für eine Frau ist, Sexualpartner_innen kennenzulernen?
Gerade frag ich mich, warum ich versuche, die Randomanlaberer nachzuvollziehen. Schließlich ist das doch nichts anderes als Entitlement, wenn man eine (nach Foto zu urteilen offenbare) Frau mit einem geschlossenen Facebook-Profil anlabert, die nirgends darauf hinweist, daß sie angelabert werden will, und dann Annahmen auf sie losschickt.
Auf der anderen Seite erinnere ich mich, wie sehr man manchmal das Bedürfnis nach Kontakt spürt - und je einsamer du bist, je stärker dein Bedürfnis, desto angespannter wirst du, und desto schwerer wird es, den Kontakt tatsächlich zu bekommen, weil du keine Geudld hast, und keine Entspanntheit.
Mein zweiter Gesprächspartner und ich, wir hatten dieses Gespräch nicht nötig, wir wollten es einfach nur. Es lag (denke ich) nicht das Bedürfnis dahinter, auf Teufel komm raus demnächst miteinander ficken zu wollen, sondern das Gespräch konnte sich ohne Zielrichtung entwickeln, wohin es eben ging. Wir sind keine Fremden in einem unbekannten Land, in dem es uns schon allein aufgrund unserer Herkunft und Hautfarbe schwerer fällt, Partner_innen zu finden.

Also, eigentlich wollte ich was über meine Erlebnisse erzählen, einfach so, und jetzt bin ich bei Überschneidungen von Privlege, wovon ich nichtmal Ahnung habe.
Außerdem hab ich schon bei der Hälfte des Post beschlossen, ihn öffentlich zu machen, jetzt möcht ich mich nicht dagegen entscheiden.
Das Frühstück ruft nach mir. Wenn also jemand ein Fazit möchte, muß sie/er es sich selbst ausdenken.
Gestern hab ich mir einen Flickr Account zugelegt. Was mir als erstes auffällt, wenn ich dort Zeit verbringe, ist, daß ich die Bilder ganz anders behandle, als ich es gewöhnt bin. Die Bilder, die andere gemacht haben, meine ich. Wenn ich in den letzten Jahren mit Bildern zu tun hatte, dann vor allem, weil ich etwas daraus machen wollte, Icons oder Desktophintergründe. Dort haben die meisten Leute ihre Fotos unter "all rights reserved"-Label hochgeladen, was bedeutet, daß ich gar nichts damit machen dürfte, auch wenn ich das Anliegen hätte, etwas damit zu machen. Unter jedem Foto sieht man deutlich das Copyright-Zeichen, anders als wenn ich einfach nach etwas google und bei den Fundstücken nichtmal weiß, wer sie als erstes online gestellt hat.
Das deutliche Copyright-Zeichen verändert meinen Blick auf die Fotos. Sie sind nur zum Anschauen, nicht zum Aufheben, Sammeln, Verändern. Sie gehören mir nicht. Ich empfinde das nicht als einschränkend. Es ist eher wie durch ein Museum zu gehen, wo ich auch nicht die Kunstwerke deshalb mag, weil ich sie an meine eigene Wand hängen kann. Sondern einfach so, an dem Ort, an dem sie sind.
Hier könnte ich jetzt zu Kant und Walter Benjamin abschweifen, aber abgesehen davon, daß ich mich zumindest an letzteren nur vage erinnere und auch überhaupt den "Kunstwerk"-Aufsatz nie zu Ende gelesen habe, geht es ja jetzt um meine eigenen untheoretisierten Beobachtungen. Einfach mal so, als ob das möglich wäre.
Also, "interesseloses Wohlgefallen"?

Fotographieren bringt einen manchmal zu diesem Punkt, an dem man alles durch die Linse sieht, und vor allem alles festhalten möchte. Ich glaube, man möchte gerne den Lauf der Zeit aufhalten, in dem man den Moment ganz genau so dokumentiert, wie er gerade ist. Wenn ich über ein Erlebnis schreiben möchte, behandle ich es ganz anders, ich reflektiere es schon rückblickend, während ich es erlebe. Doch wenn ich ein Foto der Situation mache, was mache ich dann? Ist das auch eine Art von Reflexion, ein Einrahmen das Erlebten, ein Einschränken vielleicht der vielen möglichen Blicke, die ich auf die Situation haben könnte auf eins oder zwei?
Ich habe meine Fotos bei Flickr unter eine Creative Commons Lizenz gestellt, weil ich das immer mache und mir nicht wohl dabei ist, anderen Leuten zu verbieten, kreativ mit meinen Fotos umzugehen. Trotzdem frage ich mich, ob die Bilder dann auch von den Besucher_innen anders betrachtet werden als wenn "alle Rechte vorbehalten" wären. Sind nun meine Fotos für die Menschen, die sie anschauen, Konsumgüter? Material?

Ich schätze sehr die Gewohnheit des Fandoms, künstlerische Produkte, die den Fans vorgesetzt werden, nicht einfach so anzunehmen, wie sie sind, sondern sie zu hinterfragen, tiefer in die hineinzutauchen als die Macher_innen es für möglich gehalten hätten, und sie zu transformieren, wenn es etwas hinzuzufügen gibt. Diese produktive Art mit Kunst umzugehen hat mich geprägt. Die Welt als Material wahrzunehmen bringt uns dazu, sie auch tatsächlich zu gestalten, und das ist der Weg hin zu einer utopischeren Gesellschaft. Auf der anderen Seite habe ich mir da auch wieder eine Weltsicht ausgesucht, die zu meinem inneren Drang, alle Probleme sofort selbst lösen zu müssen, nur allzu gut paßt.

Es ist ein Trugschluß davon auszugehen, daß alles unbedingt hier und jetzt verändert werden muß. Bilder einfach nur anzuschauen, wie sie sind, das erinnert mich an das, was ich während der letzten Monate über Meditation und auch über Zen gelernt habe. Atmen und Wahrnehmen, und nicht beurteilen. Auch nicht benutzen, jedenfalls nicht im Moment.

Mir ist noch nicht klar, ob diese beiden Arten, die Welt wahrzunehmen, miteinander kombiniert oder in Einklang gebracht werden können. (Tun & Sein?) Derzeit lasse ich sie noch nebeneinander existieren.
Was wünsche ich mir für meine "Kunst"? Ich kann nicht beinflussen, wie eine andere Person meine Bilder ansieht, noch kann ich es überhaupt wissen. Also bleibt es zunächst in ihrer eigenen Verantwortung.
Wahrscheinlich schaut sowieso kaum jemand außer mir auf die Lizenz unter dem Foto.
Lief durch die Stadt und durchsuchte die Schreibwarenläden nach einem guten neuen Schreibbuch, nachdem der Weltladen keines hatte. In jedem der Läden hatten sie dieselben plastikscheinenden geschniegelten Weißpapierbrocken, verschiedene Farben, Markenname unten rechts in der Ecke, im einen Laden ein Euro teurer, im andren einer billiger. Und im ganz schicken Snobgeschäft hatten sie welche für zwanzig bis fünfundzwanzig Euro, die immernoch nicht aus offensichtlichem Recyclingpapier waren. 2009, ha.
1989 hatte ich in der Schule schon graue Hefte mit wunderschönen Titelbildern, Clowns und Tänzer waren drauf. Meine Eltern kauften sie im Bioladen, der damals noch irgendwie anders genannt wurde, ich weiß aber nicht mehr wie, und der derselben Frau gehörte, die die Kinder in der alternativen neugegründeten Kindergruppe betreute. Sie war mein großes Vorbild. Ulrike hieß sie. Wollte ich auch heißen. Das war dasselbe wie "stark, schön" und was man halt so gerne sein will.
Jetzt gibt es fast gar keine grauen Hefte mehr, und wenn, dann sind sie graugrau, und nicht braungrau, wie die von damals. Sie riechen auch nicht nach Papier und Gewürzen, sondern... nur nach Papier. Aus Industrieproduktion. Aber ich beschwer mich nicht über diese Hefte, die mag ich ja immernoch. Sie versuchen mir auch nicht mit ihrer aggressiven Rauhheit die Füllerspitze zu killen, wie die weißen.
Beinah könnte man denken, daß die weißen Normalhefte aus chlorfrei gebleichtem aber nicht recycletem Papier den Zeitgeist widerspiegeln, beziehungsweise das, was von Menschen (aka human ressources) auch erwartet wird: Hart, charakterlos, perfekt präsentabel. Lückenloser Lebenslauf. Immer verfügbar. Belastbar und flexibel.
Ich glaube, man merkt, daß ich gerade Stellenanzeigen durchstöber, hm?
Ich  würde mich nicht mit "belastbar" beschreiben wollen. Das wär ja desselbe wie "ausbeutbar, und find es auch noch geil". Von mir aus braucht es keine üblen Belastungen zu geben, so leicht bin ich nicht gelangweilt oder unterfordert. Herausforderungen gibt es immer.
Jedenfalls kam ich ohne Schreibbuch heim, weil die BewerberInnen mir alle nicht gefallen haben oder zu teuer waren. Meistens beides.
Meine Mutter hatte noch ein altes im Regal stehen, mehrere sogar, wie kann das überhaupt sein, mehrere unbenutzte Schreibbücher? Das entspricht zwar jetzt auch nicht meinen Kriterien, weil DIN A5 (zu klein), jedoch scheint es immerhin ziemlich unkaputtbar zu sein. Mal sehen, wie ich so mit dem wenigen Platz auf einer Seite auskomme.

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